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FAIR - Fachkanzlei für Arbeits- und Insolvenzrecht

Was ist unter „Planverfahren“, „Eigenverwaltung“ und „Schutzschirmverfahren“ zu verstehen?

Hier handelt es sich um besondere Verfahrensarten der Insolvenzordnung, die die Eigenständigkeit und Handlungsfähigkeit des in die Krise geratenen Arbeitgebers stärken sollen. Diese Instrumente werden zunehmend genutzt.

Das „normale“ Insolvenzverfahren endet immer mit einer Verwertung des Vermögens. Entweder wird der Betrieb stillgelegt und die noch vorhandenen Vermögenswerte veräußert. Oder der Betrieb wird fortgeführt, bis ein Investor das Unternehmen bzw. Teile davon aus der Insolvenzmasse heraus kauft. Die Vermögenswerte werden dann auf das Unternehmen des Investors bzw. auf ein von ihm neue gegründetes Unternehmen übertragen (= übertragende Sanierung). Der bisherige Rechtsträger, also der alte Arbeitgeber (z.B. die X-GmbH), wird gelöscht. Wenn aber der alte Rechtsträger erhalten bleiben soll, z.B. weil er mit besonderen Rechten wie einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ausgestattet ist, geht dies technisch nur über einen Insolvenzplan. Diesen arbeitet der Schuldner oder der Verwalter aus. Darin wird den Gläubigern ein konkreter Vorschlag unterbreitet, in welcher Höhe sie befriedigt werden sollen. Die Gläubiger dürfen dabei nicht schlechter als im Regelinsolvenzverfahren behandelt werden. Wenn die Gläubiger den Vorschlag angenommen haben und der Vorschlag vom Gericht bestätigt worden ist, kann das Insolvenzverfahren aufgehoben werden.

Für den Arbeitgeber bedeutet das Insolvenzverfahren in gewisser Weise eine „Entmündigung“. Der Insolvenzverwalter bestimmt allein, was geschieht. Unter gewissen Voraussetzungen besteht die Möglichkeit der Eigenverwaltung. Dann bleibt die Verfügungsbefugnis beim Arbeitgeber, wenn auch unter der Aufsicht eines sog. Sachwalters. Dieser hat die Aufgabe, den Arbeitgeber bei den wichtigen Entscheidungen zu überwachen. Durch die Anordnung der Eigenverwaltung bleibt der Arbeitgeber selbstbestimmt. Außerdem wird das Insolvenzverfahren billiger, weil die Vergütung des Sachwalters wesentlich niedriger ist als diejenige des Insolvenzverwalters. Die Eigenverwaltung muss zum einen ausdrücklich beantragt werden und zum anderen darf deren Anordnung nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führen. Wenn bereits gegen den Arbeitgeber vollstreckt wird, insbesondere von Finanzamt und Krankenkassen, wird die Eigenverwaltung im Regelfall nicht zugelassen.

Als besondere Form einer vorläufigen Eigenverwaltung bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren wurde Ende 2011 das Schutzschirmverfahren eingeführt. Voraussetzung ist u.a., dass der Arbeitgeber noch nicht zahlungsunfähig ist (also nur überschuldet oder drohend zahlungsunfähig), ein Antrag auf Eigenverwaltung gestellt wird, die Sanierung des Unternehmens nicht offensichtlich aussichtslos ist (dies muss ein in Insolvenzsachen erfahrener Profi bescheinigen) und spätestens bei Eröffnung des Verfahrens ein Insolvenzplan vorgelegt wird. Die Phase des zumeist 3 Monate laufenden Insolvenzeröffnungsverfahrens wird also intensiv genutzt für die Sanierung des Unternehmens. Die drei Instrumente „Planverfahren“, „Eigenverwaltung“ und „Schutzschirmverfahren“ werden hierbei kombiniert. Im Idealfall ist das Insolvenzverfahren auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit vorbei.

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